11.06.2018 / Agenda Liesing

Alles leer! Was tun? Atzgersdorftalk - Rückblick

Rückblick, vom Dienstag,  6.6.2018 im Pop-Up-Atelier Atzgersdorf

Alles leer! Was tun? Atzgersdorftalk zum Thema Kreative Zwischennutzung und Leerstandsbelebung

Kurt Tanner – Einfach 15
Sabine Gstöttner – Treffpunkt 15
Thomas Kerekes – Kreative Räume Wien

 

Alles leer!

Vor dieser Herausforderung stehen auch andere Grätzl in Wien. Als Kurt Tanner 2001 in die Reindorfgasse kam, war diese noch eine Art Sinnbild für die „leerstehende“ Geschäftsstraße außerhalb des Wiener Gürtels. Einige Geschäftslokale standen schon über Jahre leer, die Kundenfrequenz war rückläufig und immer mehr Geschäftstreibende mussten „aufgeben“. Doch die Reindorfgasse wandelte sich innerhalb weniger Jahre von der Schmuddelecke - gleich hinter dem Westbahnhof - zur jungen aufstrebenden Gegend.

Essling befindet sich schon fast im Marchfeld. Auch hier haben viele Geschäfte zusperren müssen. Die Gründe dafür sind vielfältig - hohe Konkurrenz der Einkaufszentrum und im Online-Handel, fehlender Nachwuchs, hohe Mietpreise. Wie in Atzgersdorf, fühlen sich die EsslingerInnen mit ihren Ortskern eng verbunden und wurden aktiv, so auch die Landschaftsplanerin Sabine Gstöttner.

Leerstand - das gehört zum „Lebenslauf“ vieler Gebäude in Wien. Krieau, Alte Post, Traktorfabrik - Thomas Kerekes, Geschäftsführer von Kreative Räume Wien Agentur für Zwischennutzung, kennt viele dieser „Lebensgeschichten“ mit spannenden Wendungen. Das Happy End ist immer dann, wenn wieder Leben in alte Mauern einzieht.

 

Was tun?

Wie kann man Leerstand verhindern bzw. den Trend umkehren? Dafür gibt es kein Patentrezept.

In der Reindorfgasse setzte man auf „Taktik der Offenheit: Draußen sitzen, warten, quatschen, Ideen entwickeln und einfach mal machen“. Neue junge Kreative kamen in die Gasse, jedoch ohne in starre Vereinsstrukturen gezwungen zu werden. Die Initiative Einfach 15 bildete den Rahmen für vielfältige Aktionen und die Trendwende. Heute findet man Ateliers, Buchladen, Radboutique, Delikatessenladen, Architekturbüros  und alljährlich das großartigste Straßenfest in der Reindorfgasse.

In Essling wurde ein strategischer Ansatz verfolgt. Es wurde der Verein Treffpunkt Essling gegründet und ein Konzept entwickelt, die auf den drei Säulen „Soziales Netzwerk“, „Stadtraum mit Aufenthaltsqualität“ und „Profil Essling“ aufbaut. Mit dem Zwischennutzungsprojekt Tresor bekam das Konzept eine Art Maschinenraum mit Herz. Von Anfang an engagierten sich 30 Menschen im Verein und setzen das Konzept schrittweise um. Die heutige Vielfalt an Engagement, Initiativen, Projekte und Veranstaltungen in Essling ist mehr als beachtlich. Es wurde nicht nur die Trendwende, sondern ein stärkeres soziales Miteinander in Essling geschaffen.

„AnbieterInnen von Räumen und Raumsuchende zusammenzubringen“, so könnte man die Aufgabe von Kreative Räume Wien beschreiben. Doch da gehört viel dazu - Netzwerkarbeit, Bewusstseinsbildung, Projektentwicklung, Recherche und der Überblick in der vielfältigen AkteurInnen- und Förderlandschaft Wiens.

 

Was bedeutet das für Atzgersdorf?

Es gibt viel Vergleichbares in den Geschichten unserer Gäste und wir können viel daraus lernen. Und doch muss Atzgersdorf einen eigenen Weg suchen. Es gibt vielfältige Potenziale, spannende Räume und Menschen die sich mit dem Ortskern identifizieren, Institutionen und Aktive die Veranstaltungen, Initiativen, Aktionen umsetzen und sich vernetzen. Es gibt jedes Wochenende gleich mehrere Veranstaltungen. Künstlerinnen sind in das Pop-Up-Atelier eingezogen. Die Leerstände haben sich in den jüngsten Vergangenheit wieder reduziert. Mehrere tausend Wohnungen entstehen in den kommenden Jahren im unmittelbaren Umfeld.

Auch wenn man positiv in die Zukunft blicken kann. Gefühlt ist die Trendwende noch nicht angekommen. Es braucht Kontinuität, verlässlichen Austausch, auch um an Förderungen für gemeinsame Aktivitäten ranzukommen. Doch wenn BürgerInnen, Geschäftstreibende und Initiativen auf unterschiedlichen Ebenen zusammenarbeiten, ist Atzgersdorf nicht mehr aufzuhalten.